Manche Ereignisse haben einen langen Nachhall. Es war Anfang der Neunziger im Hörsaal des Tübinger „Osianderschlösschens” (wie die Psychiatrische Universitätsklinik in der Osianderstraße salopp genannt wird):
Eines Tages wurde uns eine 35-40-jährige Patientin vorgestellt, deren Zustand man damals noch manisch-depressiv (ICD 10, Kapitel F30, 31 und 32) nannte.
Im Zuge der Vorlesung ging der Arzt auf die Medikation der Frau ein, die aufgewendet wurde, um deren akute Manie einzuhegen. Er sprach von der Gabe einer deutlich hohen Dosis eines hochpotenten Neuroleptikums. Die Frau war auch nach der Verabreichung des Medikaments unverändert manisch geblieben, zeigte keine Anzeichen von Beruhigung geschweige denn auch nur im Entferntesten eine Reaktion auf die Medikamentengabe. Neben der Feststellung dieses unveränderten Verhaltens der Patientin zeigten die Folien auf dem Overhead-Projektor, dass das Medikament im Organismus der Frau keinerlei Spuren geschweige denn Wirkungen hinterlassen zu haben schien. Als wäre es nie verabreicht worden!
Der Lehrer trat einen Schritt neben Ihr Pult, sagten „Und das, meine Damen und Herren …“, dabei nahm er sich viel Zeit, um seinen Blick ausgiebig den Hörsaal durchqueren zu lassen, „… ist der Moment, in dem ich an die Existenz der menschlichen Seele glaube.“
Noch Jahrzehnte nach dieser Begebenheit erinnerte ich mich daran und fasste den Entschluss, eine filmische Spurensuche zu beginnen. Wenn ein nüchterner, sachlicher Hochschullehrer der Psychiatrie in einer Vorlesung ein derartiges Glaubensbekenntnis verkündet, dann ließe sich das Thema „Seele” möglicherweise auch neben religiösen Deutungsversuchen eingrenzen und verständlich fassen. Meine Spurensuche sollte Ihren Startpunkt in den aufgeklärten, naturwissenschaftlichen Deutungsversuchen des späten 18. Jahrhunderts beginnen, Kants und Soemmerings „Seelenorgan” betrachten und bis in unsere Gegenwart die Möglichkeit der Existenz der Seele erörtern. Es gibt Interviews mit Psychiatern, Künstlern, Theologen, Anatomen usw. in deren Ergebnis sich Zuschauer Facette für Facette selbst ein Bild von den Möglichkeiten oder Unmöglichkeiten des Vorhandenseins einer Seele machen. Ein wichtiger Aspekt der Betrachtung muss sein, dass die akademische Medizin immer mehr Betrachtungen über die Seele in somatische Erwägungen einbezieht. Erst jüngst veröffentlichte der SWR ein Stück über Psychokardiologie und öffnet einer Spurensuche nach der Seele durchaus neue Wege. Dieser Film ist eng mit meinem Konzept der Erlebnisräume verbunden und wird deshalb zu einem großen Teil aus CGI (computer generated imagery) bestehen.