Worüber noch heute niemand gerne spricht
Es gab Prostitution in der DDR. Punkt. Und das obwohl sich die SED-Oberen nur allzu gern den Anschein von untadeliger moralischer Reinheit verpassen wollten. Im (nach außen hübsch inszenierten) sozialistischen Arbeiter-und-Bauern-Paradies – so behaupteten sie – gab es gar nicht die Ursachen, die Frauen (und Männer) in die Notwendigkeit zwangen, ihre Körper gegen Geld für sexuelle Handlungen zu verkaufen.
Klar, jeder wusste, dass die DDR, so wie sie im „Neuen Deutschland” oder der „Aktuellen Kamera” gezeigt und beschrieben wurde, so nicht existierte. Erstaunlicherweise wird noch heute die überwiegend in Leipzig während der beiden Messen und in Ostberlin ganzjährig betriebene Prostitution gegen Westgeld als eine Art sozialistischer Ausrutscher auf dem gut gebohnerten Moralparkett betrachtet. Eine Art schlechter Herrenwitz.
Wie es genau in Sachen Prostitution in der DDR zuging, dass es ein erhebliches, kaum wahrgenommenes Dunkelfeld von Elendsprostitution gab in der DDR: das ist bis heute kaum bekannt. Auch und wahrscheinlich weil viele der Protagonisten von damals heute noch leben, aus den unterschiedlichsten Gründen ihr Tun von damals verbergen wollen (und schweigen).
Was ich bei der Recherche für den Dokumentarfilm „Prostitution in der DDR” in den Akten zu sehen und in den Hintergrundgesprächen zu hören kriegte, war nichts weniger als erschütternd. Da ist zum Einen der bestürzend umfangreiche Grad an moralischer Verwahrlosung der staatlichen Unterstützer der Prostitution in der DDR. Niederträchtigste Erpressungen und Ausbeutungen oft wirklich bedauernswerter Menschen, meistens – aber nicht nur – Frauen überwiegend unterer Gesellschaftsschichten. Da sind aber auch abscheulichste Geldgier, Machtmissbrauch staatlicherseits, aber auch oft im Arbeitsumfeld der Frauen, da sind offener Neid und die Lust, vom Neid getrieben zu denunzieren. Da sind Männer aus dem Westen, die sich in ihrer Geilheit noch als Wohltäter aufspielen. Und da sind stinknormale ostdeutsche Ehemänner, die Abend für Abend in ihren Trabis und Wartburgs und Ladas usf. mit umhäkelter Klopapierrolle in der Hutablage ihre Ehefrauen an der Hauptauffahrt des Leipziger Hotels „Merkur” abkippen und den geilen Wohltätern zuführen.
Das Recherchethema „Prostitution in der DDR” offenbarte in nuce das ganze moralische Elend namens DDR.
Der Film wurde von der Spiegel TV Produktionsgesellschaft für ZDF-info hergestellt.