Filmische Unternehmensporträts: Cornelius Dönnhoff mit seinen Versteigerungsweinen 2020: Oberhäuser Brücke und Niederhäuser Hermmanshöhle

Filmische Unternehmensporträts

Filmische Unternehmensporträts: Sinn und Zweck haben sich seit der Zeit der Ölgemälde nicht geändert. Doch wenn sich auch die Technologie vom ölfarbengetränkten Pinsel zum Bildsensor einer digitalen Kamera geändert hat, wenn heute weitere Sinneseindrücke wie Atmo- und Interviewton, Musik, künstliches Licht, Montagetechniken das filmische Porträt detaillierter ausgestalten, im Kern sind diese Technologien streng genommen nur Hilfsmittel der filmischen Erzählung und ihrer Dramaturgie. Oder sollten das zumindest sein. Doch leider gibt es immer noch viel zu viele Imagefilme, die nur an Oberflächen kratzen, die ihre Protagonisten hilflos, unentschlossen und deshalb schlecht aussehen lassen.

Client: VDP Nahe u.a.
Date: 2020
Services: Formatentwicklung, Porträtfilme, Umsetzung einer Livesendung
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Ich lehne das Wort „Imagefilm” ab, weil es gedanklich in eine völlig falsche Richtung leitet. Ich nenne dieses Genre zutreffender filmische Unternehmensporträts. Denn „Imagefilm” ist eben nicht nur ein Wort, sondern beschreibt eine Haltung, eine Herangehensweise: die Abbildung einer Oberfläche, die den genauen Blick auf den Gegenstand der Betrachtung, eine sorgfältige Darlegung etwa von Inhalten und Motiven der Protagonisten verhindert. Ein Abziehbild, das per Definition oberflächlich bleibt, bleiben muss(!), wenig oder sogar nichts sagt außer gestanztes Gestammel. Filme, die nicht selten auch noch liederlich hergestellt sind. Man schaue sich da nur die oft traurigen Interviewsettings an, in denen die Protagonisten hilflos vor der Kamera radebrechen, sie schauen ins Nirgendwo, ihre Augen irrlichtern. Die armen Menschen sehen so bemitleidenswert hilflos aus … Solche so genannten Imagefilme signalisieren streng genommen nur, dass die Macher ihre Hauptdarsteller sträflich hängen lassen. Und dafür auch noch Geld nehmen.

In meinen Augen trifft deshalb die Bezeichnung „Unternehmensporträt” weitaus genauer.
Und wenn da die Assoziation mit Ölgemälden längst vergangener Zeiten aufkommt, dann ist das nicht zufällig, sondern sogar gewollt. Porträts, das sind seit je sorgfältig vorbereitete, handwerklich präzise und im Ergebnis durchaus auch schöne Darstellungen einer Person oder eines Gegenstandes oder eben eines Unternehmens. Die Porträts in Öl auf Leinwand seinerzeit geben es vor. Nicht nur dass die Hersteller der Porträts all ihre Mühe aufwendeten, um ihre Abbildungen den Porträtierten so ähnlich wie möglich zu machen. Auch die Auswahl der abgebildeten Situation, Raum, Kleidung, Licht und Schatten sowie die im Bild möglicherweise abgebildeten Requisiten dienen einem einzigen Zweck: Die Betrachter sollen sich ein differenziertes Bild machen können, möglichst allumfassende Informationen erhalten, einen Eindruck gewinnen, ein Verhältnis zum Sujet des Porträts und zur porträtierten Person aufbauen.

Das ist beim filmischen Unternehmensporträt nicht anders. Sinn und Zweck haben sich seit der Zeit der Ölgemälde eigentlich nicht geändert. (Und die Preise dafür gemessen an der Kaufkraft der verschiedenen Jahrhunderte wohl auch nicht.) Doch wenn sich auch die Technologie vom ölfarbengetränkten Pinsel zum Bildsensor einer digitalen Kamera geändert hat, wenn heute weitere Sinneseindrücke wie Atmo- und Interviewton, Musik, künstliches Licht, Montagetechniken das filmische Porträt detaillierter ausgestalten, im Kern sind diese Technologien streng genommen nur Hilfsmittel der filmischen Erzählung und ihrer Dramaturgie. Oder sollten das zumindest sein. Doch leider gibt es immer noch viel zu viele Imagefilme, die nur an Oberflächen kratzen, die ihre Protagonisten hilflos, unentschlossen und deshalb schlecht aussehen lassen. Die können hin und wieder sogar verführerisch schöne Bilder haben, gedreht mit sündhaft teurer Technik und einem Color Grading, um das sie Hollywood beneidet. Wenn aber die Summe aus Bildern UND Dramaturgie, den richtigen Interviewfragen, den erklärenden und illustrierenden Schnittbildern, der Auswahl und dramaturgischen Montage von Ton und Musik nicht stimmt, dann ist der ganze Film teuer bezahlter Schrott.

Am Beispiel des Individuellen das Prinzip des Ganzen zeigen

Im Laufe der Jahre habe ich zahllose filmische Unternehmensporträts hergestellt. Die Sujets waren weit gefächert: vom Stahlwerk über den Maschinenbauer, große Automobilhersteller und Veranstaltungsorte, Gastronomen und ihre Küchen, Werkzeuggroßhändler und Werkzeugnutzer. Jeder der Filme folgte meinem wichtigen Leitsatz: Die Geschichte ist immer der Boss. Wenn man sich daran hält, entstehen individuelle Porträts, die viel über ihre Protagonisten, deren Ideen, Motive, Wünsche sagen. Die diese Menschen an ihr Publikum heranführen, Interesse erzeugen, Botschaften transportieren. Am Ende sollte so ein filmisches Unternehmensporträt mindestens einen Effekt haben: das Publikum kennt das Sujet des Films nach dem Ansehen des Films besser … auf der Verstandesebene sowieso, aber auch auf einer assoziativen, emotionalen Ebene.

Für einen Filmemacher, der mitten im größten Weinbaugebiet Deutschlands lebt, ist es schwer, KEINE Filme über Wein und filmische Winzerporträts zu machen. So ergaben sich in den Jahren immer wieder Momente, in denen Wein, Menschen, die Wein machen, und deren Lebenswelten eine Rolle spielten. Da ging es um einzelne Betriebe einer Region oder um die so genannten „Pairings” deutscher Weine mit asiatischen Küchenstilen, die Roadshow portugiesischer Weinbauern in Deutschland usw.
Bis sich 2020 ein nächster Schritt ergab: Am Beispiel dieser einzelnen, kurzen filmischen Unternehmensporträts lässt sich sehr gut das mich grundsätzlich leitende Prinzip erörtern.

Case Study

13 Individuen = 13 filmische Unternehmensporträts von Weinbaubetrieben. Und keines gleicht dem anderen

Es war notwendig geworden, ein alternatives Konzept für die Spitzenweinversteigerung des VDP Nahe (und benachbarter Regionen) zu entwickeln. Und da dieses Konzept für eine online-Präsentation angelegt war, lag es nahe, die Produktion filmischer Winzerporträts mit einzuplanen. 13 Betriebe, 13 unterschiedliche Individuen, 13 Konzepte. Dieses Projekt illustriert sehr gut, was mit dem Begriff filmisches Unternehmensporträt gemeint ist: Vorstellung der Protagonisten, Verdichtung der Erzählung, Montage aller filmischen Elemente zur optimalen Präsentation von Mensch, Unternehmen, Motivation …

Schnell war mit Blick auf die Versteigerungssituation eine Formatvorgabe von 90 Sekunden pro Film gefunden. 90 Sekunden für ein ebenso informatives wie unterhaltsames filmisches Winzerporträt bedeutet immerhin, dass mindestens ein halber Tag (besser ein ganzer Tag) gedreht werden sollte. Die ersten beiden Phasen einer Filmproduktion – Vorbesichtigung, Drehbuch, Dreh – mussten innerhalb kürzester Zeit absolviert werden.

Charakterisierende Porträtminiaturen

Es wäre mit meinem eigenen Anspruch an mich selbst nicht vereinbar gewesen, diese Serie von kurzen Filmen wie eine Massenkonfektion fließbandartig herzustellen. In die Karten spielte mir meine langjährige journalistische und gestalterische Erfahrung sowie eine wache und aufmerksame Interviewtechnik, die oft präziser als die Protagonisten die Triggerpunkte identifiziert, herausarbeitet und für die visuelle Umsetzung berücksichtigt. In kurzer Zeit präzise die Persönlichkeit der Protagonisten zu erkennen und sie für ein Publikum aufzubereiten ist – ohne Übertreibung – die Hohe Schule. Die so entstandenen Porträtminiaturen sprechen noch heute Film für Film für sich. Keiner der dreizehn Neunzigsekünder gleicht dem anderen, kein dramaturgischer Erzählstrang wiederholt sich in dieser Serie. Auch hintereinander hergezeigt langweilen diese Filme nicht durch ein einheitliches „Strickmuster” oder gar eine schablonenhafte Darbietung.

Jedes der filmischen Winzerporträts ist ein kleines individuelles Werk, das sowohl einzeln funktioniert wie auch in der Serie.

Diese Handwerkstechniken und Erfahrungen wirken in meine Arbeiten für andere Wirtschaftsbereiche und Sujets zurück, prägen dramaturgisch und stilistisch.

Aber sehen Sie selbst! Eine Auswahl: